Landskroner Emigration Article — German translation (1994 version)

Die Landskroner Emigration
in den Mittleren Westen Nordamerikas
von Edward G. Langer
Copyright 1994, Edward G. Langer
Alle Rechte vorbehalten

Zu Beginn der 50iger Jahre des 19. Jahrhunderts verließen viele Familien ihre Heimatdörfer in Böhmen und Mähren, um ein neues Leben zu beginnen. Böhmen und Mähren waren damals Teile des österreichischen Imperiums. Einige Familien zogen in deutschsprachige Städte und Dörfer des österreichischen Imperiums oder der deutschen Fürstentümer. Andere wiederum reisten in weit entfernte Länder, wie zum Beispiel das russische Reich, Südafrika oder Amerika, um dort ihr Glück zu versuchen — die meisten als Bauern. Das ist die Geschichte einiger dieser Emigranten aus dem Kreis Landskron, Böhmen, die sich dazu entschlossen hatten, im Mittleren Westen Nordamerikas, vor allem im Staate Wisconsin, ein neues Leben zu beginnen.

Die Alte Welt

Der Kreis Landskron (tschechisch: Lanškroun) wurde nach der Stadt Landskron benannt. Er bestand aus der Stadt Landskron und ca. vierzig Dörfern. Die Stadt Landskron hatte ab 1850 ca. 5000 Einwohner und war mit dem Rest des österreichischen Imperiums durch Eisenbahnlinien verbunden. Die vierzig Dörfer, die zum Kreis Landskron gehörten, waren in ihrer Größe sehr unterschiedlich. Die kleinsten hatten nur ein paar hundert Einwohner, die größten knapp über eintausend Einwohner. Die Dörfer waren durch Straßen mit der Stadt Landksron verbunden. Dreiviertel dieser Dörfer bestanden zum überwiegenden Teil aus Deutschen, der Rest aus Tschechen. Sowohl die Tschechen als auch die Deutschen gehörten hauptsächlich der römisch-katholischen Kirche an. Die Stadt und der Kreis Landskron liegen ca. 130 km südlich von Wroclaw (Breslau) und ca. 190 km nördlich von der damaligen Hauptstadt des österreichischen Reiches, Wien, entfernt.
Ein typisches Dorf des Kreises Landskron war Ober-Johnsdorf (Horní Třešňovec), das unmittelbar nördlich der Stadt Landskron lag. Um 1850 hatte es ca. eintausend Einwohner, die meisten von ihnen waren deutschstämmig. Das Dorf hatte aber auch einen bedeutenden Anteil an Tschechen. Die Nachbardörfer nördlich von Ober-Johnsdorf, Čermná (Böhmisch Rothwasser) und Nepomuky (Nepomuk), waren hauptsächlich von Tschechen bewohnt. Die anderen Nachbardörfer, Jokelsdorf (Jakubovice), Michelsdorf (Ostrov) und Nieder-Johnsdorf (Dolní Třešňovec), bestanden zum überwiegenden Teil aus Deutschen. Die meisten Einwohner von Ober-Johnsdorf waren Bauern oder Arbeiter auf den großen Bauernhöfen. Es gab ein paar Handwerker — vermutlich einen Tischler, einen Müller, einen Schmied, einen Ladenbesitzer und einen Gastwirt. Diese kleinen Händler besaßen wahrscheinlich auch etwas Grund und Boden, den sie bebauten. Im Jahre 1854 gab es keine Kirche und nur eine Grundschule in Ober-Johnsdorf. Um an einem Gottesdienst teilzunehmen oder eine höhere Schule zu besuchen, mußten die Bewohner von Ober-Johnsdorf nach Landskron fahren, einen Weg von ca. fünf Kilometern. Da die Möglichkeit, eine gute Schulausbildung zu bekommen, kaum existierte, verfügten die meisten Einwohner nur über mangelhafte Schreib- und Lesekenntnisse.

Im Gegensatz zu Amerika gab es keine Bauernhöfe in der Gegend von Ober-Johnsdorf, die außerhalb der Dörfer lagen. In Ober-Johnsdorf waren die Bauernhöfe auf beiden Seiten der Straße gebaut worden. Die Felder begannen gleich hinter den Höfen und erstreckten sich bis zu den Feldern der nächsten Dörfer. (In anderen Gegenden endeten die Felder am Waldrand oder an unbebaubaren Hügeln.) Im allgemeinen bebauten die Bauern in der Gegend von Ober-Johnsdorf nur Felder, die direkt an die Dörfer angrenzten, und keine Felder, die verstreut in der Umgebung lagen — im Gegensatz zu Bauern in anderen Gegenden Europas. Allerdings kam es auch vor, daß zwischen dem Hof und dem Ende der eigenen Felder eine beachtliche Distanz lag. Auch gab es Land, das bewaldet oder tiefer gelegen war, das eine natürliche Grenze zwischen den bebaubaren Parzellen inmitten des Gutes bildete.

Auch die Bauernhöfe waren in Ober-Johnsdorf anders. Im allgemeinen waren die Wohnräume mit den Wirtschaftsräumen verbunden. Die reicheren Höfe waren in U-Form gebaut worden, oder sie waren rechteckig und hatten in ihrer Mitte einen Hof. Die rechteckige Form wurde wahrscheinlich zum besseren Schutz gegen Diebe und feindliche Soldaten entworfen und sie erlaubte auch den Bauern, ihre Tiere und Ernte vor umherstreifenden Tieren in Sicherheit zu bringen.
Das Dorf Ober-Johnsdorf umfaßte 1108 Hektar. Zu einem durchschnittlichen Bauernhof gehörten in Ober-Johnsdorf ca. acht Hektar, mit einem mehr als fünfzig prozentigen Anteil an Höfen, die weniger als fünf Hektar besaßen. Nur zu rund einem Dutzend der Bauernhöfe gehörten mehr als fünfzig Hektar. Die Bauern, die auf den kleinsten Höfen lebten, waren gezwungen, ihre Einkünfte durch fallweise Lohnarbeit auf den großen Höfen aufzubessern, da sie am Existenzminimum lebten. Die wohlhabenderen Bauern betrieben wahrscheinlich kommerzielle Landwirtschaft und es war ihnen auch möglich, ihre Produkte auf Märkten in den nahegelegenen Städten anzubieten. Es ist auch wahrscheinlich, daß überschüssiges Getreide auf Pferde- oder Ochsenwagen in die fünf Kilometer entfernte Stadt Landskron transportiert wurde, um von dort aus per Eisenbahn in verschiedene Städte des österreichischen Imperiums verschickt zu werden.

Der Anstoß zur Emigration

Die meisten der Familien der Emigranten hatten seit mehreren 100 Jahren im Kreis Landskron gelebt. Bis zum Jahre 1848 waren die Einwohner von Ober-Johnsdorf lehnsrechtlichen Beschränkungen unterworfen, die ihre Reisefreiheit beschränkten und sie zu verschiedenen Diensten ihren Lehnsherren gegenüber verpflichteten. Auch wurde der Wert einer Person an ihrer Abstammung und nicht an ihren Taten gemessen. 1848 erschütterten Revolutionen einen Großteil Europas und der Kaiser des österreichischen Reiches beseitigte die letzten Überreste des Feudalismus. Langsam verbreitete sich die Nachricht, daß es nun möglich sei, zu emigrieren.

Der Zuwachs der Bevölkerung und häufige Kriege veranlaßten die Menschen über eine Auswanderung nachzudenken. Während der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die verbesserte Nahrungslage und Hygiene eine Bevölkerungsexplosion bewirkt, die dazu führte, daß junge Menschen nur sehr begrenzte landwirtschaftliche Möglichkeiten vorfanden. Es gab nur wenig unbebautes Land in der Gegend und die existierenden Bauernhöfe aufzuteilen, hätte nur zu ihrer Profitlosigkeit geführt. Weiters war das österreichische Reich ständig in irgendwelche Kriege verwickelt, die sich in Form von erhöhten Steuern bemerkbar machten und auch dazu führten, daß die Söhne in fremden Gegenden als Soldaten zu dienen hatten.

Einer dieser Kriege hatte direkten Einfluß auf das Leben jedes einzelnen Einwohners des Kreises Landskron. Im Juni 1866 brach Krieg zwischen dem österreichischen Imperium und dem preußischen Königreich aus. Ein Hauptgrund des Krieges war der Streit zwischen Österreich und Preußen über die Frage, ob ein vereinigtes Deutschland geschaffen werden sollte oder nicht, welche Länder zu der neuen Nation gehören sollten und wer die führende Kraft in der neuen deutschen Nation sein sollte: Österreich oder Preußen. Ein wichtiger Verbündeter der Preußen in diesem Krieg war Italien, das durch seine Solidarität mit Preußen Österreich dazu zwang, an zwei Fronten zu kämpfen. Dem preußischen General Moltke, der im U.S. amerikanischen Bürgerkrieg die wesentlichen Grundzüge der Telegraphie und der Eisenbahn kennengelernt hatte, war es möglich, rasch mit einem beachtlichen Teil der preußischen Armee in Böhmen einzumarschieren. Hunderttausende preußische Soldaten fielen in Böhmen ein.

Gleichzeitig marschierten hunderttausende österreichische Soldaten nach Böhmen, um dort auf die preußische Armee zu stoßen. Ein Teil der österreichischen Truppen bezog in der Gegend um Landskron Quartier, andere Teile der österreichischen Armee marschierten durch diese Gegend. Zeitweilig befanden sich 120.000 Truppen in der Umgebung von Landskron.

Am 3. Juli 1866 traf die kaiserliche österreichische Armee auf die preußische Armee nordwestlich von Hradec Králové (Königgrätz), das ungefähr 65 Kilometer von Landskron entfernt liegt. (Die Schlacht von Königgrätz wird auch als die Schlacht von Sadowa bezeichnet.) Die preußische Armee war aber besser ausgerüstet als die österreichische. Ein entscheidender Vorteil der preußischen Infanterie war, daß diese über Hinterlader, das sogenannte Zündnadelgewehr, verfügte, das ihr erlaubte, im Anschlag liegend auf die stehende österreichische Infanterie, die Vorderlader verwendete, zu schießen. Der Sieg der Preußen kam unvermutet und war vollkommen.

Nach der Niederlage der österreicher begannen sich einige der österreichischen Truppen zurückzuziehen und zwar durch die Gegend von Landskron und mit preußischen Truppen im Schlepptau. Es gab ein Scharmützel nahe der Dörfer Rudelsdorf (Rudoltice) und Thomigsdorf (Damníkov). Der Marsch dieser beiden Armeen verwüstete einen Großteil der Ernte und der Bevölkerung wurden Nahrungsmittel weggenommen. Die Preußen besetzten Landskron und zehn bis zwanzig Soldaten bezogen Quartier in Häusern, die ihnen zusagten. Dieser Krieg und die daraus resultierende Besetzung durch die preußische Armee hatten eine tiefgreifende Wirkung auf die Landskroner und veranlaßten viele nach Amerika zu emigrieren.

Die Neue Welt

Ab 1850 ermutigten zahlreiche Quellen deutsche Bauern nach Amerika auszuwandern. Deutsche Schriftsteller rühmten in “Wie man emigriert” – Büchern Amerikas Tugenden, vor allem die Freiheit und die Tatsache, daß Grund und Boden nicht viel kosteten. Bahn- und Schiffsunternehmen versuchten den Menschen die Auswanderung besonders schmackhaft zu machen, nur um ihr Unternehmen zu vergößern. U.S. amerikanische Staaten, wie zum Beispiel Wisconsin, schickten Agenten in europäische Häfen, um Auswanderer zu bewegen, sich in ihren Staaten niederzulassen. Die ersten und wahrlich mutigeren Auswanderer mußten sich auf die Informationen dieser Schriftsteller und Unternehmer verlassen. Die meisten der Emigranten, die später folgen sollten, hatten dann bereits von ihren ehemaligen Dorfgenossen von den Vorzügen eines Lebens in Amerika gehört.

Ab ca. 1850 beschrieben Schriftsteller mit Vorliebe das angenehme Leben in Wisconsin. Sie betonten vor allem das preiswerte und überall vorhandene Ackerland, das der Heimat sehr ähnliche Klima und auch die Anwesenheit von vielen anderen Deutschen.

Im Jahre 1854 war Watertown mit seinen 8.000 Einwohnern eine der größten Städte von Wisconsin. Es gab im Überfluß fruchtbares Ackerland, das zum Teil bereits von früheren Siedlern gerodet worden war und das jedem Mann, der sein eigenes Land bebauen wollte, zusagen mußte. Wisconsin wurde im Jahre 1848 zum Staat ernannt, und der südliche Teil von Wisconsin wurde nicht mehr als Grenze zum Wilden Westen angesehen. Eisenbahnlinien begannen die bedeutenden Städte im Staat zu verbinden, und den Bauern war es möglich, überschüssige Produkte auf den Märkten zu verkaufen.

Watertown war auch zu einem Zentrum der deutschen Einwanderung geworden. Die Landskroner Emigranten fanden dort und in der Umgebung von Watertown deutschsprachige Immigranten aus dem österreichischen Imperium, aus Bayern, Preußen und anderen deutschen Ländern zusätzlich zu Landskronern, die bereits Jahre zuvor emmigriert waren. Watertown hatte eine deutsche katholische Gemeinde, St. Heinrich, eine deutsche Zeitung, den Anzeiger, und eine Brauerei.

Die Reise in die Neue Welt

Die meisten der Emigranten aus dem Kreis Landskron verließen Europa von Bremen aus. Bremen liegt im Nordwesten Deutschlands und verfügt über einen bedeutenden Hafen. Wahrscheinlich reisten sie per Bahn nach Bremen, um so zu ihrem Schiff nach Amerika zu kommen. Im allgemeinen steuerten die Emigranten, die in den Mittleren Westen wollten, die Häfen von New York oder Baltimore an. Nach ihrer Ankunft in Amerika nimmt man an, daß die meisten der Siedler den Zug via Chicago nach der jenigen Stadt nahmen, in deren Umgebung sie sich nach einem Stück Land umsehen wollten. Wenn die Eisenbahn sie noch nicht bis an ihr Ziel gebracht haben sollte, dann nahmen sie noch die Pferdekutsche.

Die erste Familie, von der man glaubt, daß sie Landskron in Richtung Watertown verlassen hat, war eine Familie Langer aus dem Dorf Michelsdorf, die 1852 ausgewandert war. Diese Familie blieb aber nicht endgültig in der Umgebung von Watertown, sondern reiste ein paar Jahre später nach Minnesota und danach noch nach Fargo, in die Gegend von North Dakota. (Einer der Nachfahren dieser Familie ist der verstorbene Gouverneur von North Dakota und Senator der Vereinigten Staaten von Amerika, William Langer).

Die ersten Emigranten, von denen bekannt ist, daß sie im südlichen Wisconsin geblieben sind, kamen 1853 dort an. In den Dokumenten der Johanna, die am 10. Jänner 1853 in New York aus Bremen angekommen war, war von vier Familien die Rede, von denen man annimmt, daß sie aus dem Kreis Landskron stammten, und sich dann im südlichen Wisconsin niederließen: John-Adam Fischer, John Huebel, John Langer und John Stangler. Im selben Jahr reisten dann noch eine Anzahl von weiteren Familien von Landskron in den Süden Wisconsins. Auf der Oldenburg, die von Bremen nach New York City fuhr, befanden sich folgende Menschen aus Ober-Johnsdorf: die Familie Johann Meitner und die Familie Johann Schöberle, Vinzenz Klecker und Franz Schöberle. Sie alle, außer Franz Schöberle, ließen sich für immer in der Umgebung von Watertown nieder. Franz Hampel und seine Familie, die aus einem nahegelegenen Dorf, nämlich Rathsdorf, stammten, waren mit ihnen mitgekommen und ließen sich auch für immer in der Umgebung von Watertown nieder, genauso wie die Franz-Langer-Familie. Weitere Familien, von denen man annimmt, daß auch sie aus dem Kreis Landskron gekommen waren, waren die Familien von Bernhard Leschinger, Franz Fischer, Engelbert Haberman und Ignatz Huebl, die gemeinsam mit den anderen Familien gereist waren und sich offensichtlich in der Nähe von Waterloo, Wisconsin, niedergelassen haben.

Diese Schiffsdokumente zeigen deutlich auf, daß die Auswanderung nach Amerika nicht die Angelegenheit eines einzelnen oder einer einzelnen Familie war. Die Emigranten versuchten gemeinsam mit anderen aus ihrer Heimatgemeinde nach Amerika zu reisen und wurden dort oft von ihren Landsleuten in Empfang genommen.

Das Leben in der Neuen Welt

Nach der Ankunft der Emigranten in Amerika halfen ihnen bereits seßhafte Siedler eine Unterkunft, eine Farm und Arbeit zu finden. Es entwickelten sich im Laufe der Zeit kleine Gruppen von Landskronern, da die, die später ausgewandert waren, in der Nähe ihrer Landsleute leben wollten. Manchmal aber blieben diese Nachzügler nur für ein paar Monate oder Jahre bei ihren Freunden oder Verwandten, um sich dann nach billigerem Land umzusehen. Der Weg dieser Landskroner läßt sich von Watertown Richtung Westen nach Sun Prairie, Wisconsin, und in den Süden nach Janesville, Wisconsin, verfolgen. Eine bedeutende Anzahl von Landskronern ließ sich in Pierce County, Wisconsin, nieder, direkt östlich der Zwillingsstädte Minneapolis und St. Paul, Minnesota. Sowohl Deutsche als auch Tschechen aus der Gegend von Landskron siedelten sich dort an. Die tschechisch-amerikanische Gemeinde heißt heute noch Cherma, der Name stammt von ihrer Heimatstadt Čermná. Andere Landskroner Gruppen blieben in der Nähe von Owatonna, Minnesota und Casselton, North Dakota. Es ist anzunehmen, daß weitere Forschungsarbeiten kleine Gruppen von Siedlern auf ihrem Weg bis hin zum Pazifik entdecken werden.

Als Beispiel dieser Wanderung nach Westen möge Franz Jansa aus Čermná (Böhmisch Rothwasser) und dessen Frau dienen, die 1867 nach Watertown gekommen waren. Die Jansas hatten nichts weiter als eine kleine Truhe mitgebracht, die ein paar Haushaltsgegenstände enthielt, sowie sein Werkzeug, das er als Schmied brauchte. Er blieb zunächst eine Woche gemeinsam mit seiner Frau bei deren Tante und Onkel, der Familie Johann Roffeis, bis Johann Roffeis ein kleines Haus für sie gefunden hatte. Um ihnen beim Aufbau des Haushalts zu helfen, bekamen sie von Johann Roffeis ein Dutzend Eier, einen Sack Mehl und ein Nudelholz. Die Einrichtung des Hauses war spärlich: ein Ofen, Kisten, die als Sessel dienten, ihre Truhe und ein Bett. Das Bett war eine Kiste, die mit Stroh gefüllt worden war und auf der Decken lagen. Trotz dieser bescheidenen Anfänge gelang es Franz Jansa seinen Lebensstandard entscheidend zu verbessern. Während der nächsten elf Jahre arbeitete er als Schmied in Waterloo und Marshall, Wisconsin. In diesem Zeitraum hatte er es geschafft, 3000$ zu sparen. Gemeinsam mit seiner Familie zog er dann nach Cherma in Pierce County, Wisconsin, wo er eine Farm kaufte.

Obwohl sich einige der Siedler für immer in den Dörfern und Städten des Mittleren Westen niederließen, war die Mehrheit aber gekommen, um Grund und Boden zu erwerben. Denen, die über finanzielle Mittel verfügten, gelang es meist schon knapp nach ihrer Ankunft, einen Bauernhof zu kaufen. Zum Beispiel war es Johann Langer, der in Ober-Johnsdorf ca. 16 Hektar Land besaß, möglich, innerhalb nur eines Monats nach seiner Ankunft in der Nähe von Watertown eine 32 Hektar große Farm zu erwerben. Andere verdingten sich als Arbeiter oder sie pachteten Land, bis sie es sich leisten konnten, eigenes zu kaufen. Ein Beispiel dafür ist Franz Jansa, der bereits oben erwähnt wurde. Ein weiteres Beispiel ist Johann Pitterle aus Ober-Johnsdorf, der ein Wagenmacher gewesen war und ein bißchen Land besessen hatte. Er kam im Jahre 1854 nach Amerika und konnte dort eine 32 Hektar große Farm um nur 600$ nahe Watertown, Wisconsin, kaufen. Um das tun zu können, mußte er allerdings einen Kredit mit zehn prozentigen Zinsen aufnehmen, an den noch zusätzlich die Bedingungen geknüpft waren, daß 200$ mit 1. Juli 1858 und 400$ mit 2. Jänner 1863 fällig waren. Diese 32 Hektar Land hätten ihn in seiner Heimatgemeinde zu einem Großgrundbesitzer gemacht. Im Jahre 1890 besaß bereits jedes seiner fünf Kinder einen eigenen Hof in der Nähe von Watertown, die eine Gesamtfläche von ca. 170 Hektar umfaßten — eine Fläche, die ca. einem Sechstel der gesamten Fläche von Ober-Johnsdorf entsprach. Den Pitterle-Kindern gehörte mehr Land, als sie es sich in Europa jemals hätten erträumen können.

Die Farmen wurden in rechteckigen Parzellen verkauft, die nach einem System vermessen worden waren, das von einer amtlichen Verordnung, der Northwest Ordinance von 1787, festgelegt worden war. Im allgemeinen wurden die Farmen zu 20, 40, 80 oder 160 Morgen verkauft, was ungefähr einer Fläche von 8, 16, 32 oder 64 Hektar entsprach. Das Wohnhaus sowie die Wirtschaftsgebäude waren an geeigneten Plätzen auf der Farm errichtet worden. Mit dem Anwachsen der Farmen nahm natürlich auch die Distanz zwischen den einzelnen Gebäuden auf der Farm zu. Waren in Landskron alle Häuser eng aneinander entlang der Straße gebaut worden, so lagen diese in Amerika oft sogar weit weg von den Straßen. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude waren in Amerika nicht miteinander verbunden sondern separate und eigenständige Häuser im Gegensatz zu denjenigen im Kreis Landskron. Die Dörfer, die sich nach und nach bildeten, waren keine “Bauern”-Dörfer, sondern eine Siedlung von Händlern und Handwerkern mit Gemeindebauten, wie einer Versammlungshalle, einer Schule und einer Kirche. Dauerte ein Spaziergang durch ein gesamtes Dorf im Kreis Landskron, der einen an den Häusern von vielleicht tausend Einwohnern vorbeiführte, weniger als eine Stunde, so konnte man auf der selben Strecke in Amerika nur ein paar Dutzend Nachbaren sehen.

Es ist nur zu verständlich, daß diese Emigranten einen Großteil ihrer Freizeit gemeinsam verbrachten. Wie bereits erwähnt, waren sie bemüht, Farmen in Gruppen zu kaufen, um auch weiterhin zumindest einige ihrer Landsleute sehen zu können. Da die meisten von ihnen römisch-katholisch waren, besuchten sie denselben Gottesdienst. Auch schlossen unterschiedliche Sprachen und Religionen einen regen Austausch mit anderen, also nicht deutschsprachigen bzw. katholischen Farmern von vorne herein so gut wie aus, was dazu führte, daß viele Landskroner Nachfahren untereinander heirateten.

Von den frühen Siedlern wurde für den Verkauf vorwiegend Weizen angebaut. Nachdem aber der Mehltau die Rentabilität des Weizens zerstört hatte, wechselten die Farmer zu Milch und Milchprodukten über, die sie am Markt verkauften.

Nun folgt eine (unvollständige) Liste von Männern und Frauen aus Landksron, die sich in Wisconsin niedergelassen haben. Soweit der Geburtsort bekannt ist, wurde er in der Klammer angegeben.

Die Watertown Gemeinde:

Die größte Gruppe der Landskroner Emigranten in Watertown kamen aus den Dörfern Ober-und-Nieder Johnsdorf (Horní und Dolní Třešňovec). Andere Dörfer aus dem Kreis Landskron waren in Watertown ebenfalls vertreten, wie zum Beispiel die Dörfer Čermná (Böhmisch Rothwasser), Dittersbach (Horni Dobrouc), Lukau (Luková), Olbersdorf (Albrechtice), Rathsdorf (Skuhrov), Rudelsdorf (Rudoltice), Sichelsdorf (Žichlínek), Thomigsdorf (Damníkov) und die Stadt Landskron. Die Liste der Familiennamen in Watertown umfaßt die folgenden: Barrent, Bopp, Brusenbach, Clement, Dobischek, Frodel, Groh (Gro), Hampel, Heger, Huebl, Huss, Jahna (Yahna), Hecker, Hausler, Hübler, Janisch, Kalupka, Klecker, Köhler, Kohler, Kreuziger, Kunert, Kunz, Langer, Melcher, Meitner, Miller, Müller, Motl, Pfeifer, Pitterle, Richter, Roffeis, Roller, Schless, Schlinger, Schmeiser, Schöberle, Schmid, Schramm, Stadler, Stangler, Steiner, Uherr, Unzeitig, Warner, Wohlitz, Wollitz und Zeiner. Weitere Landksroner, die zumindest für kurze Zeit in der Umgebung von Watertown gelebt haben oder die in Watertown geheiratet haben, sind: Benesch, Betlach, Gritzbauch, Jansa, Kratschmer, Marek, Maresh, Markl, Nagel, Wavra und Willertin.
Die Waterloo Gemeinde:

Die Dörfer, die in Waterloo vertreten waren, waren: Čermná (Böhmisch Rothwasser), Hertersdorf (Horní Houzovec), Jokelsdorf (Jakubovice), Knappendorf (Knapovec), Michelsdorf (Ostrov), Rathsdorf (Skuhrov), Rudelsdorf (Rudoltice), Tschernowier (Černovír) und Zohsee (Sázava). Die Liste der Familiennamen in Waterloo bestand unter anderem aus den folgenden Namen: Barta, Bartosch, Benisch, Betlach, Binstock (Binenstock), Blaschka, Fiebiger, Filg, Haberman, Huebel, Jahna, Janisch, Klecker, Koblitz, Langer, Leschinger, Lutz, Maresch (Mareś), Mautz, Melchior, Miller, Motl, Neugebau, Peschel, Pitterle (Peterle), Rotter, Tilg (Yelg), Tomscha, Schieck, Schiller, Skalitzky (Skalitzka), Springer, Stangler, Veith, Wovra, Wurst, Zalmanova und Zimbrich (Zimprick).

Die Pierce County Landskroner:

Bei dieser Gruppe dürfte es sich um eine spätere Ansiedlung gehandelt haben, die aus einer Übervölkerung der Gemeinden von Waterloo und Watertown resolutierte. Viele tschechische Emigranten aus Čermná (Böhmisch Rothwasser) ließen sich hier nieder. Die Tschechen nannten ihre Gemeinde Cherma nach ihrem Heimatdorf, das eines der ersten hauptsächlich tschechischen Dörfer nördlich der Stadt Landskron gewesen war. Es grenzt an Ober-Johnsdorf, aus dem die meisten der Watertown-Siedler und auch einige der Siedler, die sich in der Umgebung von Watertown niederließen, stammten. Andere Emigranten kamen aus den Dörfern Heřmanice (Hermanitz), Jokelsdorf (Jakubovice), Michelsdorf (Ostrov), Nieder-Johnsdorf (Dolní Třešňovec) und Sichelsdorf (Žichlínek). Unter den Landskroner Familien waren die folgenden: Appel, Beneš, Brickner, Falteisek, Fischer, Gregor, Huebl, Janovec, Jansa, Kusilek, Maresh, Merta, Motl, Novak, Pecháček, Roller, Švec, Tajerle, Prokscher, Heinz, Jahna (Yahna), Jana (Yana), Janisch (Yanisch), Kabarle, Katzer, Kitna, Klecker, Kreuziger, Langer, Maresch, Meixner, Marek, Nagle, Neugebauer, Nickel (Nicol), Pelzel, Raeschler, Richter, Schmeiser, Schmied, Schöberle, Strofus, Svec, Steiner, Tayerle und Yanovec.
Schlußsatz:

Die Emigranten, die aus Landskron nach Wisconsin gekommen waren, fanden das Land und die Freiheit, nach der sie sich gesehnt hatten. Auch erreichten sie im allgemeinen einen viel höheren Lebensstandard als ihre Verwandten, die in Landskron geblieben waren. Außerdem war es ihnen noch zusätzlich gelungen, dem Grauen der Kriege, dem Nazi-Regime, der Vertreibung, der Kollektivierung und der kommunistischen Herrschaft zu entkommen, Ereignisse, die das Leben der Deutschen und Tschechen, die nicht ausgewandert waren, kennzeichneten.

(Der Autor, der der deutschen Sprache mächtig ist, kann unter seiner email Adresse — edlanger@att.net und edlanger@tds.net — erreicht werden..)

Der Text wurde freundlicherweise von Helga C. Fink aus Leoben, Österreich, vom Englischen ins Deutsche übersetzt.